Schutz und Förderung der Quell-Lebensräume in der Schweiz
Zur Zeit fehlt – auch nur annähernd – der Überblick über die Anzahl und die Lage der natürlichen Quell-Lebensräume. Ein oberstes Ziel ist deshalb die Erfassung und Bewertung der aktuell existierenden natürlichen und naturnahen Wasseraustritte.
Von herausragender Bedeutung ist zudem die Kenntnis der Gefährdungsfaktoren und die erfolgversprechenden Massnahmen zum Schutz und zur Aufwertung dieses Lebensraumtyps. Das Bundesamt für Umwelt unterstützt deshalb seit 2016 mit einem speziellen Programm den Schutz und die Förderung der Quell-Lebensräume in der Schweiz.
Klimawandel bedroht Quell-Lebensräume
Wissenschaftliche Studien zum Klimawandel zeigen, dass im alpinen Raum die Zusammensetzung der Lebensgemeinschaften stark beeinflusst wird. Besonders starke Veränderungen sind aufgrund der tiefen Temperaturen in den Quellen zu erwarten. In den Jahren 2014 bis 2016 untersuchte eine Studie der «Arbeitsgemeinschaft Schutz der Quell-Lebensräume» im Rahmen des BAFU-Pilotprojekts Anpassung an den Klimawandel die Auswirkungen des Klimwandels auf die Lebensgemeinschaft der Quellen in den Schweizer Alpen untersucht. Insgesamt 27 Steinfliegen- und Köcherfliegen erwiesen sich als in hohem Mass empfindlich gegenüber den zu erwartenden Veränderungen. Mehr als 85% der untersuchten Quellen wurden aufgrund der Anwesenheit vieler empfindlicher Arten als verletzlich bezüglich des Klimwandels eingestuft.
Besonderer Schutzbedarf für alpine Quellen
Alpine Quellen sind als Folge des Klimawandels zusätzlich gefährdet und deshalb besonders schutzbedürftig. Massnahmen sind einerseits die Sicherung und Aufwertung der Quell-Lebensräume. Andererseits aber auch die Vermeidung von Wasserentnahmen, durch welche die Temperatur zusätzlich erhöht wird.
Schutz natürlicher Quellen im Kanton Basel-Landschaft
Um die bedrohten Quellen-Arten und ihre Lebensräume zu schützen und zu fördern, hat der Gewässerschutzverband Nordwestschweiz anlässlich seines 60-jährigen Bestehens ein Projekt zum Schutz und zur Förderung der natürlichen und naturnahen Quellen des Kantons Basel-Landschaft ins Leben gerufen.
Quellen und ihre Tier- und Pflanzenwelt kennen lernen
Bei den meisten ungefassten Quellen ist heute höchstens die Lage bekannt. Im Rahmen von Kartierungen werden ihre Morphologie und Lebensgemeinschaften erfasst. Die bedrohten oder seltenen Tieren und Pflanzen in Quellen werden systematisch erfasst. Mit ihrer Hilfe sollen die Quelltypen unterschieden und charakterisiert werden.
Grundlagen zum Schutz und zur Förderung von Quell-Lebensräumen
Auf der Grundlage der Lebensgemeinschaften wird beurteilt, welche Quellen geschützt oder gefördert werden sollen. Dies soll erreicht werden, indem die natürlichen und naturnahen Quellen in die Waldentwicklungspläne und in die Nutzungs- und Entwicklungsplanung in der Landschaft einbezogen werden.
Zuvor müssen auch Fragen wie die folgenden beantwortet werden:
Welche der klassischen Quellentypen (Fliessquelle, Sickerquelle und Tümpelquelle) sind im Kanton in welcher Häufigkeit vertreten?
In welchen geologischen Formationen kommen naturnahen Quellen vor und in welchen sind sie am häufigsten?
Welche Gefässpflanzen und Moose besiedeln die Quellen im Kanton Basel-Landschaft?
Welche Kleintiere kommen in den natürlichen und naturnahen Quellen vor? Gibt es besonders bedrohte und seltene Arten?
Durch welche Faktoren sind die naturnahen und natürlichen Quellen bedroht? Mit welchen Massnahmen kann eine Beeinträchtigung der Lebensgemeinschaften verhindert werden?
Mit diesen Untersuchungen werden Grundlagen erarbeitet, die im Rahmen der Planung im Wald oder in der Landschaft sowie bei Projekten wie der Aufwertung von Kleingewässern durch Pro Natura wichtig sind. Nur wenn die vorhandenen Lebensgemeinschaften bekannt sind, können auch die Ziele der Aufwertungen definiert und die passenden Massnahmen ausgewählt werden.
Binninger Quellenprojekt
«Quellwasser – globales Lebenselixier im lokalen Lebensraum»
In den letzten 10 - 20 Jahren häufen sich die Alarmrufe aufgrund von Beeinträchtigungen des Wassers. Auch in der Region Basel ist Trinkwasser örtlich knapp, Flüsse trocknen aus oder das Wasser ist durch Fremdstoffe wie Hormone, Medikamente, Riechstoffe, Schwermetalle und Sickerwasser aus Deponien kontaminiert.
Unbemerkt wurden vielerorts natürliche Quellen entwertet oder durch grossflächige Drainagen ganz zum Verschwinden gebracht. Mit ihnen verschwanden bedrohte Tiere und Pflanzen.
Dies veranlasste den Verein Ökogemeinde Binningen 2006 ein Projekt zu initiieren, das in einem interdisziplinären Ansatz die folgenden Themen mit Bezug auf Binningen untersucht:
Mythos Quellen
Quellen wurden als der Sitz von Gottheiten und mythischen Wesen betrachtet und ihrem Wasser werden teilweise übernatürliche Kräfte zugesprochen. Oft sind die Marienverehrung und das Vorkommen von Quellen eng miteinander verknüpft. Sagen, die sich um Quellen und ihre mythischen Wesen entwickelt haben, waren die Vorgänger des Marienkults und charakterisierten Quellen als unberührte Orte der Reinheit.
Bedrohte Lebensräume
Zu den Kulturelementen gehören auch die ungefassten, naturnahen Quellen. Quellen gehören zu den wenigen noch existierenden natürlichen Biotopen und sind Lebensräume für seltene, spezialisierte und bedrohte Tier- und Pflanzenarten. Im Gegensatz zu anderen Lebensräumen wie etwa Blumenwiesen ertragen naturnahe Quellen nur geringe menschliche Einwirkungen.
Kulturelle Aspekte einer Ressource
Die Binninger Quellanlagen sind Hunderte, einzelne an die tausend Jahre alt. Die über 30 gemauerten, alten Brunnenstuben sind als einmaliges Kulturgut heute aber vergessen. Diese Quellen sind Zeugen einer Kultur des Lebens und der Lebensformen. Das Projekt integriert mit diesem Ansatz elementare ökologische Güter wie das Wasser und seine Bauten in den bestehenden «Kulturgüterschutz».
Weg zu echter Nachhaltigkeit
Durch die interdisziplinäre Betrachtung sollen die Binninger Quellen real aufgewertet und visuell wie ideell ins Alltagsleben und ins Bewusstsein zurückgeholt werden. Das Projekt schafft die Voraussetzungen für einen nachhaltigen Umgang mit der Ressource Wasser, indem ausgewählte Quellen als Kulturgüter erhalten und die weitgehend unbekannten Quell-Lebensräume aufgewertet werden.
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